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Beeinflusst der Schnuller das Stillen?

10.2017
Autor Dr. J. Hower, Pädiater

Eine niedrige Stillprävalenz erhöht das Krankheits- und Sterberisiko bei Säuglingen in Entwicklungs- und Industrieländern. Deshalb hat die World Health Organization (WHO) zehn Schritte zum erfolgreichen Stillen veröffentlicht und dabei vom Schnullergebrauch abgeraten. Die Vermeidung des Schnullers soll die Säuglinge zum vermehrten Saugen an der Brust anregen.
In der Zwischenzeit haben aber mehrere Studien gezeigt, dass der Schnullergebrauch das Risiko für den plötzlichen Kindstod verringert, was zu einem Konflikt mit den WHO-Empfehlungen geführt hat. Mit der aktuellen Studie haben die Autoren untersucht, ob ein Schnuller bei etabliertem Stillen die Stillprävalenz und die Stilldauer verringert.

Studiendesign: In die randomisierte, kontrollierte Multicenter-Studie wurden 1021 Mütter und deren Neugeborene aufgenommen. Die Teilnehmerinnen wurden auf zwei Studienarme randomisiert, in denen Schnuller angeboten oder nicht angeboten wurden. Das primäre Ziel war die Erfassung der Stillprävalenz (ausschließliches Stillen) nach drei Monaten. Die sekundären Ziele bestanden darin, die Prävalenz jeglichen Stillens in verschiedenen Altersstufen und die Zeitspanne der Brustfütterung zu erfassen.

Ergebnis: Im Alter von drei Monaten wurden 85,8 % der Säuglinge in der Schnullergruppe und 86,2 % in der Gruppe ohne Schnuller ausschließlich gestillt. Die Verwendung des Schnullers führte zu keiner signifikanten Abnahme der Stillhäufigkeit und des Stillens in den verschiedenen Altersgruppen oder während der gesamten Stillzeit.

Fazit: Die Empfehlung, bei einem etablierten Stillverhalten mit 15 Lebenstagen einen Schnuller einzuführen, ändert nichts an der Prävalenz und Dauer des Stillens. Da der Schnullergebrauch mit einer reduzierten Inzidenz des plötzlichen Kindstodes assoziiert wird, scheint die Empfehlung, einen Schnuller anzubieten, sicher und angemessen zu sein.

Jenik, AG et al. Does the recommendation to use a pacifier influence the prevalence of breastfeeding? J Pediatr 2009 Sep; 155(3): 350-354

Kommentar: Die ausschließliche Brustfütterung in den ersten sechs Monaten ist nach wissenschaftlichem Konsens jeder anderen Nahrung überlegen. Einige Beobachtungen seit der Einführung der Initiative „Baby-friendly Hospital“ haben bei widersprüchlichen Ergebnissen vermuten lassen, dass der tägliche Schnullergebrauch zu einem früheren Abstillen der Mütter führen könnte. Der Schnullergebrauch verringert aber andererseits, wie mit mehreren Studien gezeigt werden konnte, das Risiko des plötzlichen Kindstods im Säuglingsalter.

Mit dieser aktuell bisher größten randomisierten klinischen Studie von Jenik et al. konnten die Autoren keinen Einfluss des Schnullergebrauchs auf den Stillerfolg nachweisen. Mütter eines gesunden Neugeborenen, die zwei Wochen nach der Geburt erfolgreich stillen konnten und geplant hatten, wenigstens drei Monate weiter zu stillen, konnten dies auch bei Gebrauch eines Schnullers erfolgreich tun.

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