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Ernährungsqualität von glutenfreien Kinderprodukten

10.2019
Autor Dr. Jürgen Hower, Pädiater

In westlichen Ländern ist das Interesse an einer glutenfreien Ernährung und glutenfreien Produkten in den letzten Jahren dramatisch angestiegen, auch wenn diese Personen unter keiner Zöliakie leiden. Viele Menschen versprechen sich von der glutenfreien Ernährung einen gesundheitlichen Vorteil. Die Autorin der aktuellen Studie hat sich deshalb die Frage gestellt, ob die für Kinder bestimmten glutenfreien Nahrungsmittel die gleiche Nährstoffqualität wie glutenhaltige besitzen.

Ergebnisse:
Die Analyse zeigte, dass glutenfreien (GF) Produkte für Kinder im Vergleich zu glutenhaltigen (GH) Produkten einen geringeren Natrium- und Gesamtfettgehalt bei weniger gesättigten Fettsäuren und weniger Eiweiß aufwiesen.
Nach den Kriterien der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) zeigten sowohl GF-Produkte als auch GH-Produkte für Kinder über alle getesteten Produkte ein schlechtes Nährstoffprofil (88 % vs. 97 %; P <0,001). Beide Nahrungsgruppen enthielten vergleichbar hohe Zucker- und Salzanteile.

Auf Kinder ausgerichtete verpackte GF-Supermarkt-Lebensmittel sind den normalen GH-Lebensmitteln ernährungsphysiologisch nicht über- sondern in ihren Nährstoffprofilen eher unterlegen. Ein von vielen Eltern dem GF-Siegel zugeschriebener Gesundheitsvorteil ist nicht erkennbar.

Fazit: Ohne Zöliakie-Diagnose sollte deshalb auf GF-Nahrungsmitteln verzichtet werden. Eltern von Kindern mit einer Glutenunverträglichkeit oder Glutenempfindlichkeit (Letztere führt bei den Betroffenen zu Beschwerden, aber nicht zu Schleimhautveränderungen) sollten bei ihren Einkäufen die einzelnen Produkte sorgfältig hinsichtlich ihres Nährstoffgehaltes und ihres Nährstoffprofils prüfen.

Elliot C. The Nutritional Quality of Gluten-Free Products for Children. Pediatrics 2018 Aug; 142(2). Pii: e20180525

Kommentar: Trotz der für viele Menschen mit GF-Produkten verbundenen Gesundheits-Aura zeigen die Ergebnisse, dass GF-Lebensmittel für Kinder den vergleichbaren, im Supermarkt geführten Lebensmitteln ohne einen spezifischen GF-Claim nicht überlegen sind. Diese Ergebnisse stimmen mit früheren Studien überein, in denen bereits gezeigt wurde, dass GF-Produkte ernährungsphysiologisch nicht besser, sondern eher schlechter sind als vergleichbare GH-haltige Nahrungsmittel.
Sie bestätigen frühere Untersuchungen in anderen westlichen Ländern, mit denen gezeigt wurde, dass es schwierig ist, Kinder mit Glutenunverträglichkeit mit den auf dem Markt befindlichen verpackten GF-Nahrungsmitteln ausgewogen zu ernähren.
Berichte von Dunn und anderen zeigen, dass nur 57 % GF-Lebensmittel aus medizinischen Gründen konsumiert werden, während für etwa die Hälfte der Konsumenten andere Faktoren wie z.B. Lifestyle und positive Gesundheitsvorstellungen für den Kauf wichtig sind. Studien aus dem deutschsprachigen Raum bestätigen die Inferiorität und die nutritive Unausgewogenheit von GF- im Vergleich zu GH-Produkten (Missbach et al., Martin et al.).
Eltern irren sich jedenfalls, wenn sie GF-Produkte für ihre gesunden Kinder kaufen, weil sie glauben, dass GF-Nahrungsmittel besser seien als normale Produkte.

Referenz:
Elliot C. The Nutritional Quality of Gluten-Free Products for Children. Pediatrics 2018 Aug; 142(2). Pii: e20180525
Melini V, Melini F. Gluten-Free Diet: Gaps and Needs for a Healthier Diet. Nutrients 2019 Jan 15; 11(1). Pii: E170
Dunn C et al. Consumer perceptions of gluten-free products and the healthfulness of gluten-free diets. J of Nutrition Education and Behavior 2014; 46: S184–S185
Priven M et al. The Influence of a Factitious Free-From Food Product Label on Consumer Perceptions of Healthfulness. J Acad Diet 2015 Nov; 115(11): 1808–1814
Missbach B et al. Gluten-free food database: the nutritional quality and cost of packaged gluten-free foods. Peer J 2015 Oct 22; 3: e1337
Martin J et al. Inadequate nutrient intake in patients with celiac disease: results from a German dietary survey. Digestion 2013; 87(4): 240–246