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Karies bei Kindern: Kann Vitamin-D schützen?

01.2019
Autor Dr. Jürgen Hower, Pädiater

Vitamin-D-Mangel ist ein globales Gesundheitsproblem, von dem weltweit mehr als eine Milliarde Kinder und Erwachsene betroffen sind. Die Folgen eines Vitamin-D-Mangels sollten nicht verkannt werden. Als Health Claims wurden der Einfluss auf die Knochenmineralisation und die Immunregulation von der EFSA (European Food Safety Authority) bestätigt. Mit ihrer aktuellen Studie haben die Autoren den Vitamin-D-Serumspiegel von Kindern mit einer schweren frühkindlichen Karies mit dem von Kindern mit einem ausreichenden Vitamin-D-Status verglichen.

Studiendesign: Insgesamt wurden 30 Kinder jeweils aus der Fallgruppe (mit Karies) und der Kontrollgruppe (ohne Karies) im Alter zwischen 3 und 6 Jahren aus der Abteilung für Pädodontologie und Präventivzahnheilkunde der Fakultät der SGT Universität Gurugram, Indien, ausgewählt. Der Karieszustand der Kinder wurde mit Hilfe des Indexes für kariöse, extrahierte und gefüllte Zähne (deft) erfasst. Jedem Kind wurden Blutproben zur Bestimmung des Serum-25(OH)D-Status entnommen. Alle Daten wurden gesammelt und einer statistischen Analyse unterzogen.

Ergebnisse: Die Fallgruppe wies einen mittleren Serum-25(OH)-Vitamin-D-Spiegel von 12,19 ng/ml ± 4,37 Standardabweichung (SD) (95 % Konfidenzintervall [KI] 10,513,8) und die Kontrollgruppe einen mittleren Serum-25(OH)-Vitamin-D-Spiegel von 20,11 ng/ml ±4,12 SD (95% [KI] 18,56–21,65) auf. Der Vergleich der mittleren Konzentrationen von Serum-25(OH)-Vitamin-D zwischen Fall- und Kontrollgruppen zeigte einen statistisch signifikanten Unterschied (p-Wert <0,0001). In der linearen Regression zeigte sich eine signifikante inverse Korrelation zwischen dem Vitamin-D-Status und der Karies-Inzidenz.

Fazit: Die Ergebnisse stützen die Hypothese, dass Vitamin-D-Mangel ein modifizierbarer Risikofaktor sowohl für die Häufigkeit als auch für die Schwere von Zahnkaries bei Kindern ist.

Referenz:
Chhonkar A, Gupta A, Arya V. Comparison of Vitamin D Level of Children with Severe Early Childhood Caries and Children with No Caries. Int J Clin Pediatr Dent 2018;11(3):199-204

Kommentar: In den letzten vier Jahrzehnten sind die Prävalenz und der Schweregrad der kariösen Dentin-Läsionen bei 5- und 12-Jährigen in den Industrieländern zurückgegangen. Die niedrigste Karies-Prävalenz zeigt sich bei den 12-Jährigen in Ländern mit hohem Einkommen, die auch die niedrigste Prävalenz bei den 35- bis 44-Jährigen aufweisen. Damit steigt die Zahl der erhaltenen Zähne weltweit an.
Die Karies-Inzidenz ist aber vor allem in Entwicklungsländern immer noch sehr hoch. In den ländlichen Gebieten Indiens leiden 80 % der Kinder und 60 % der Erwachsenen an Zahnkaries. Karies gehört damit zu den häufigsten chronischen Infektionskrankheiten im Kindesalter, ist schwierig zu kontrollieren und kann mit der kindlichen Dentition beginnen.

Mehrere Faktoren spielen in der Karies-Genese eine Rolle: Mikroorganismen, Ernährung, Mundhygiene, die medizinische Versorgung und Mangel an wichtigen Nährstoffen. Vitamin D und Kalzium spielen eine entscheidende Rolle bei der Knochenmineralisation.

Vitamin-D fördert aber nicht nur die Knochenmineralisation, sondern beeinflusst auch die Immunregulation der Mundschleimhaut, indem es die Bildung antimikrobieller Peptide wie Cathelicidin und Defensine induziert. Vitamin-D-Serumspiegel von 16 ng/ml (40 nmol/l) decken den Vitamin-D-Bedarf etwa der Hälfte der Bevölkerung, 20 ng/ml (50 nmol/l) etwa von 97,5 % der Bevölkerung ab.
Höhere 25-Hydroxy-Vitamin-D-[25(OH)D]-Serumspiegel (≥ 20 ng/ml) sind mit einer besseren allgemeinen oralen Gesundheit und vielleicht auch besseren allgemeinen Gesundheit verbunden, wie Studien vermuten lassen. Der optimale Vitamin-D-Serumspiegel wird aber immer noch kontrovers diskutiert. 

Referenzen:
Chhonkar A, Gupta A, Arya V. Comparison of Vitamin D Level of Children with Severe Early Childhood Caries and Children with No Caries. Int J Clin Pediatr Dent 2018;11(3):199-204
Frencken JE et al. Global epidemiology of dental caries and severe periodontitis – a comprehensive review. J Clin Periodontol 2017 Mar; 44 Suppl 18: S94-S105
Schroth RJ et al. Vitamin D and Dental Caries in Children. J Dent Res 2016 Feb; 95(2): 173-179
Pehowic, DJ, Pehowich ED. Evidence of dietary calcium and vitamin D inadequacies in a population of dental patients. J Evid Based Dent Pract 2016 Dec; 16(4): 213-219
Huijoel PP, Lingström P. Nutrition, dental caries and periodontal disease: a narrative review. J Clin Periodontol 2017 Mar; 44 Suppl 18: S79-S84
Ross AC et al. The 2011 Report on Dietary Reference Intakes for Calcium and Vitamin D from the Institute of Medicine: What Clinicians Need to Know. J Clin endocrinol Metab, Jan 2011; 96(1): 53-58