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Zähneknirschen: Schlaf-Bruxismus und Angststörungen bei Kindern

10.2016
Autor Dr. J. Hower, Pädiater

Mit Bruxismus wird das Zähneknirschen und Aufeinanderpressen der Kiefer bezeichnet. Dies führt zu einem Abschleifen der Zahnoberfläche und einer Belastung des temporo-mandibulären Halteapparates,  auch temporo-mandibuläre Dysfunktion genannt.

Die Ätiologie des Bruxismus ist komplex. Bruxismus wird besonders häufig mit emotionalen Störungen, Stress und Angst verbunden.

Jetzt haben brasilianische Autoren das Ausmaß der Angststörung an 84 Kindern im Alter von 6 bis 8 Jahren (45 Mädchen, mittleres Alter 7,1 ± 0,5 Jahre; 39 Jungen, mittleres Alter 7,3 ± 0,4 Jahre) mit (MB) und ohne Bruxismus (OB) miteinander verglichen (42 MB und 42 OB). Zur Diagnose des Schlaf-Bruxismus wurden die Minimal-Kriterien A plus B der American Academy of Sleep Medicine (AASM) verwandt:

A: Der Patient klagt über Zähneknirschen im Schlaf.

B: Eins von den nachfolgenden Zeichen wird wahrgenommen: Abnormer Abrieb der Zähne, Geräusche, die mit einem Bruxismus verbunden sind oder Beschwerden im Bereich der Kaumuskulatur.

Im Ergebnis zeigten die Daten auf der Angstskala (State-Trait Anxiety Inventory for Children – STAIC) einen deutlichen Unterschied zwischen den Kindern MB und OB (41,3 versus 33,7). Bei der Analyse der einzelnen Items zeigten sich auch deutliche Verhaltensunterschiede zwischen Kindern MB und OB. Kinder MB waren unruhiger, sorgten sich eher um die Schule und waren vergesslicher als Kinder OB.

Referenz:
Oliveira, MT et al. Sleep bruxism and anxiety level in children. Braz Oral Res 2015; 29(1):1-5

Kommentar: Schlaf-Bruxismus (SB), eine häufig auftretende Störung, kann zu Zahnschäden, Kopf- und Muskelschmerzen und zu temporo-mandibulären Dysfunktionen (TMD), das heißt zu gestörten Gelenkverbindungen zwischen Ober- und Unterkiefer, führen. SB ist, wie die aktuelle Studie und mehrere andere Studien zeigen, nicht nur eine Frage abgeschliffener Zähne, sondern offenbar häufig auch mit einer Vielzahl weiterer Co-Morbiditäten assoziiert (z. B. nächtliche Atemstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Unruhe, Depressionen, Angststörungen).

Viele Eltern sind irritiert, wenn ihre Kinder nachts mit den Zähnen knirschen. Dies kann für das Milchgebiss im Rahmen des kindlichen Wachstums normal sein. Sobald aber die ersten bleibenden Zähne im sechsten Lebensjahr kommen, sollte das Zähneknirschen beendet sein. Bei der Mundinspektion in der Praxis lassen oft Schleifspuren auf den Zähnen einen Bruxismus vermuten, der von den Eltern in der Sprechstunde nur selten erwähnt und wahrscheinlich auch oft nicht wahrgenommen wird.

Die Ergebnisse der aktuellen Studie von Oliveira et al. entsprechen der in der vorhandenen Literatur diskutierten Beziehung zwischen Bruxismus und Persönlichkeits- und Stressfaktoren bei Kindern (und Erwachsenen). Das gesellschaftliche Gefüge scheint sich in einer Vielzahl von Erkrankungen und auch an den Zähnen widerzuspiegeln.

Referenzen:
Oliveira, MT et al. Sleep bruxism and anxiety level in children. Braz Oral Res 2015; 29(1):1-5
Rossini, G et al. Risk factors related to sleep bruxism in children: A systematic literature review. Arch oral Biol Nov 2015; 60 (11): 1618-1624