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Vitamin D-Status der Mutter & kindlicher IQ

02.2021
Autor Dr. J. Hower, Pädiater aus Mühlheim a.d. Ruhr   

Vitamin-D-Mangel betrifft weltweit einen großen Teil der Bevölkerung und damit auch Frauen im gebärfähigen Alter. Vitamin D beeinflusst die embryonale und fötale Entwicklung und die spätere Gesundheit. Ein Mangel in der Schwangerschaft wird in mehreren, aber nicht allen Beobachtungsstudien mit einer eingeschränkten kindlichen neurokognitiven Entwicklung verbunden. Die Studienautoren haben jetzt die Verbindung zwischen dem Vitamin-D-Status in der Schwangerschaft und dem kindlichen IQ im Alter zwischen 4 und 6 Jahren untersucht.

Methode: Für diese Studie wurden 1.503 Frauen im zweiten Trimester mit einer unkompliziert verlaufenden Ein-Kind-Schwangerschaft zwischen 2006 und 2011 rekrutiert. Einschlusskriterien waren eine Schwangerschaftsdauer von ≥34 Wochen und die Verfügbarkeit von 25(OH)D-Serum- und IQ-Daten. Assoziationen zwischen der 25(OH)D-Serumkonzentration im zweiten Trimester und den Stanford-Binet-IQ-Scores der Nach-kommen wurden im Alter zwischen 4 und 6 Jahren untersucht.

Ergebnisse: Die mittlere 25(OH)D-Konzentration bei den 1.019 teilnehmenden Mutter-Kind-Dyaden, die im mittleren Gestationsalter von 23,0 ± 3,0 Wochen bestimmt wurde, betrug 21,6 ± 8,4 ng/ml. Ein Vitamin-D-Mangel (Definition 25(OH)D-Serumspiegel <20 ng/ml) konnte bei 45,6% der Mütter beobachtet werden.
In angepassten Modellen war ein 25(OH)D-Anstieg von 10 ng/ml mit einem um 1,17 Punkte höheren Gesamt-IQ (95 % KI 0,27, 2,06 Punkte), einem um 1,17 Punkte höheren Verbal-IQ und einem um 1,03 Punkte höheren Non-verbal-IQ verbunden.

Fazit: Im Ergebnis war der mütterliche 25(OH)D-Serumspiegel im zweiten Trimester der Schwangerschaft positiv mit dem Gesamt-IQ im Alter von 4 bis 6 Jahren assoziiert

Melough MM et al. Maternal Plasma 25-Hydroxyvitamin D during Gestation Is Positively Associated with Neurocognitive Development in Offspring at Age 4–6 Years. J Nutr 2021 Jan4;151(1): 132–139

Kommentar: Epidemiologische Untersuchungen weisen auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem mütterlichen Vitamin-D-Status in der Schwangerschaft und der kindlichen Intelligenzentwicklung hin. Dieser positive Zusammenhang konnte trotz einzelner widersprechender Studien mit zwei systematischen Literaturanalysen bestätigt werden. Die Autoren konnten ihre Hypothese für einen Zusammenhang mit dem Vitamin-D-Status in der Schwangerschaft bestätigen. Wenn auch der Einfluss auf den Gesamt-IQ mit einem Anstieg von 1,17 Punkten bei einem Vitamin-D-Anstieg von 10 ng/ml relativ gering erscheint, sollten wir uns hinsichtlich der möglichen Auswirkungen nicht täuschen lassen. Auch solche scheinbar geringen statistischen Unterschiede können eine erhebliche individuelle Bedeutung gewinnen.
Ein mütterlicher Vitamin-D-Mangel in der Schwangerschaft sollte wegen der gesicherten und möglichen negativen Auswirkungen auf die frühe und späte kindliche Entwicklung vermieden werden. Entsprechend den Leitlinien für die Normalbevölkerung werden Vitamin-D-Serumspiegel unter 20 ng/ml (entsprechend 50 nmol/l) auch in der Schwangerschaft als Vitamin-D-Mangel aufgefasst. Leider gibt es bisher keine Untersuchungen zu einer optimalen Serum-Vitamin-D-Konzentration in der Schwangerschaft. Die Frage nach dem für die Kindesentwicklung optimalen mütterlichen Vitamin-D-Spiegel muss deshalb unbeantwortet bleiben.

Referenzen:
Melough MM et al. Maternal Plasma 25-Hydroxyvitamin D during Gestation Is Positively Associated with Neurocognitive Development in Offspring at Age 4–6 Years. J Nutr 2021 Jan 4;151(1): 132–139
El-Hajj G et al. Serum 25-Hydroxyvitamin D Levels: Variability, Knowledge Gaps, and the Concept of a Desira-ble Range. J Bone Miner Res 2015 Jul; 30(7):1119–1133
Janbeck J et al. Associations between vitamin D status in pregnancy and offspring neurodevelopment: a sys-tematic literature review. Nutr Rev 2019 May 1;77(5):330–349
García-Serena A, Morales E. Neurodevelopmental effects of prenatal vitamin D in humans: systematic review and meta-analysis. Molecular Psychiatry 2020 Oct;25(10): 2468–2481