Lieber Besucher, diese Webseite richtet sich ausschließlich an medizinische Fachkreise.

Ich gehöre einer medizinischen Berufsgruppe an

Nein

Menü

Auch Väter reagieren auf Säuglingskoliken häufig mit Stress, Depression, Angst und Bindungsproblemen

01.2022
Autor Professor E. Harms, Universitäts-Kinderklinik Münster

Eine Studie aus den Niederlanden hat die emotionale Belastung von Elternpaaren durch Säuglingskoliken untersucht [1]. Die Elternpaare von 34 exzessiv schreinenden Säuglingen wurden mit 67 Kontrollen verglichen. Die Studie zeigt, dass Väter, genau wie Mütter, signifikant mehr negative Gefühle empfinden, wenn ihre Säuglinge exzessiv schreien.

Beide Elternteile berichten über mehr Stress, Depressionen, Ängste und eine gestörte Bindung zu ihrem Säugling im Vergleich zu Eltern der Kontrollgruppe. Dabei haben die Väter niedrigere Stress-, Depressions- und Angstwerte als Mütter. Bei den Müttern der Untersuchungsgruppe bestand ein deutlich höheres Risiko für die Entwicklung einer postnatalen Depression. Während die emotionalen Reaktionen der Mütter auf die Koliken unabhängig von ihrem Partner waren, waren die negativen Gefühle der Väter stark mit denen der Mütter verbunden. Nur die Entwicklung von Depression und Angst war bei den Vätern unabhängig von ihren Partnerinnen.

Kommentar: Bei der Behandlung exzessiv schreiender Säuglinge (aufgrund von sog. Säuglingskoliken) müssen beide Elternteile in ein Betreuungskonzept einbezogen werden. Dabei muss auch die unterschiedliche Auslösung der emotionalen Reaktionen bei Vätern und Müttern berücksichtigt werden. Auf eine mögliche Schwäche der Studie weisen die Autoren selbst hin. In den Niederlanden werden Kinder nicht direkt dem Kinderarzt vorgestellt, sondern müssen erst dorthin überwiesen werden. Das könnte zu einer Selektion besonders schwerer Fälle geführt haben. Die Schlussfolgerungen aus der Studie dürften davon aber unabhängig sein.

Referenz
[1] De Kruijff I, Veldhuis MS, Tromp E, et al. Distress in fathers of babies with infant colic. Acta Paediatrica 2021; 110:2455–2461.