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Endometriose ein Leidensweg der Gehört werden muss

05.2023
Autorin Violetta Brauksiepe, B.Sc. Hebammenwissenschaften, Hebamme aus Essen

Endometriose ist eine östrogenabhängige Erkrankung, bei der sich Endometrium außerhalb der Gebärmutterhöhle befindet. Die Entstehung wird von vielen Faktoren beeinflusst und ist noch nicht vollständig erforscht. Obwohl sich das Gewebe nicht am eigentlich vorgesehenen physiologischen Ort befindet, nimmt der weibliche Zyklus Einfluss darauf. Das ektope Gewebe kann östrogenabhängig mit dem hormonellen Zyklus wachsen und bluten. 

Endometriose ist eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen; sie betrifft etwa 10 bis 15 % der Frauen im reproduktiven Alter und bis zu 50 % aller Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch. Neben zahlreichen Leitsymptomen und Schmerzformen wie chronischen Unterbauchschmerzen, Zyklusstörungen, Zyklusschmerzen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr stehen betroffene Frauen häufig unter einer enorm erhöhten psychischen Belastung. Oft vergehen fünf bis neun Jahre bis zur Diagnosestellung – ein Leidensweg, der von Unsicherheit und reduzierter Lebensqualität geprägt ist. Oft steht die Diagnose Endometriose für eine erschwerte Konzeption oder gar für Unfruchtbarkeit. Verwachsungen oder Verklebungen an Uterus, Tuben und Ovar sind oft die Ursache dafür, dass eine normale Befruchtung nicht stattfinden kann. Befinden sich in den Tuben Endometrioseherde, kann das zu deren Verstopfung führen. Das Ei kann nicht mehr transportiert und befruchtet werden. Befinden sich Endometrioseherde im Ovar, kann dadurch der Eisprung mechanisch verhindert werden. Durch Endometriose hervorgerufene Entzündungsprozesse können das biochemische Gleichgewicht des Körpers stören. Dies beeinflusst und erschwert die Eireifung, den Eisprung und den Transport des Eis sowie die Einnistung des befruchteten Eis in die Gebärmutter.

Bei bestehendem Kinderwunsch stehen je nach Ausprägung, Lokalisation und Dauer der Infertilität unterschiedliche Therapien zur Verfügung: 

Operative Therapie: Wenn durch Wucherungen oder Vernarbungen die Eileiter nicht frei zugänglich sind, können Endometriose-Herde operativ gelöst und entfernt werden. 

Assistierte Reproduktionstechniken: Eine Vielzahl medizinischer Verfahren, welche die Empfängnischancen deutlich verbessern können, wie bspw. intrauterine Insemination, konventionelle künstliche Befruchtung und ICSI/ IMSI.

Symptome in der Schwangerschaft
Einige durch Endometriose verursachte Symptome können während einer Schwangerschaft verschwinden. Postpartal kann es zu einer Besserung der Schmerzsymptomatik kommen. Dieser positive Einfluss kann einerseits durch die hormonellen Veränderungen während der Schwangerschaft erklärt werden, andererseits jedoch vor allem durch die ausbleibende Periode.

Es kann aber auch zu einer Verschlechterung der Erkrankung in der Schwangerschaft kommen. Progesteronbedingt verändert sich das Endometrium und wird in Folge dessen aufgebaut und umgewandelt, um optimale Schwangerschaftsbedingungen zu schaffen. Darüber hinaus besteht während Schwangerschaft und Geburt ein erhöhtes Risiko für Komplikationen, dessen Ursachen nicht geklärt sind.

Schwangerschafts- und Geburtsrisiken
Hierzu zählen ein erhöhtes Risiko einer Fehlgeburt, Placenta praevia, vorzeitige Plazentalösung, spontane Blutung in die Bauchhöhle, Darmperforation, Uterusruptur, Präeklampsie, Gestationshypertonie, Gestationsdiabetes, extrauterine Schwangerschaften, Fehlgeburten, Frühgeburten, intrauteriner Fruchttod, niedriges Geburtsgewicht, kindliche Fehlbildungen sowie eine erhöhte Sectiorate.

Betreuung während der Schwangerschaft und Geburt
Es gibt noch keine klaren Richtlinien oder Leitlinien zur Betreuung und zum Geburtsmodus. Gegebenenfalls sind engmaschigere klinische Kontrollen erforderlich.

Viele Frauen in Deutschland sind von einer Endometriose betroffen, eine Vielzahl noch unwissentlich, da selbst medizinisches Fachpersonal die Symptome dieser leidvollen, weitgehend unbekannten Krankheit oft nicht richtig zu deuten weiß. Deshalb hat sich die Endometriose-Vereinigung Deutschland die Aufklärung und Information über Endometriose, die Beratung von Betroffenen sowie die Stärkung der Position der Patientinnen zur Kernaufgabe gemacht. Sie zeigt, welche konservativen und komplementärmedizinischen Möglichkeiten der Behandlung und Therapie es gibt und was betroffene Frauen neben der ärztlichen Versorgung selbst tun können.

Referenzen:
Keß S, Germeyer, A. Endometriose und Kinderwunsch. Die Gynäkologie, 1–14, 2023.
Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG): 015/045 – S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Endometriose. 2020, AWMF-Online: AWMF Leitlinienregister (05.2023).
Petresin J, Wolf J, Emir S, Müller A, Boosz AS. Endometriosis-associated Maternal Pregnancy Complications – Case Report and Literature Review. Geburtshilfe Frauenheilkunde, 2016 Aug. 76(8): 902–5.
Gulz M, Mueller M. Schwangerschaftsrisiko Endometriose? Deutsche Hebammen Zeitschrift, 05/2022, www.dhz-online.de/news/detail/artikel/schwangerschaftsrisiko-endometriose/ (05.2023).