Hypertonie in der Schwangerschaft – eine Überarbeitung der Leitlinie „Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen“

04.2025 
Autorin: Violetta Brauksiepe, Bsc. Hebammenwissenschaften, Hebamme aus Essen 

Die Hypertonie in der Schwangerschaft stellt ein relevantes und komplexes Thema in der modernen Geburtshilfe dar. Hypertensive Erkrankungen gehören mit einer Prävalenz von 6–8 % aller Schwangerschaften zu den häufigsten Komplikationen und sind von erheblicher klinischer Bedeutung: Sie sind Hauptursache für perinatale Mortalität und mütterliche Todesfälle während der Schwangerschaft (Groten, Kraus). Die Präeklampsie, die bei 2–5 % aller Schwangeren auftritt, ist die schwerste Form der Schwangerschaftshypertonie (Groten, Kraus). Die Entstehung von Schwangerschaftshypertonie ist ein komplexes Thema und nicht vollständig geklärt. Hier kommen verschiedene Faktoren zusammen, die sowohl genetische als auch umweltbedingte Aspekte umfassen. 

Zu den Hauptursachen zählen genetische Prädispositionen, Umweltfaktoren, Ernährung, psychosozialer Stress, Rauchen, fortgeschrittenes Alter sowie mangelnde körperliche Aktivität (Eggersmann et al., S. 608). Ein zentraler Mechanismus in diesem Zusammenhang ist eine gestörte Plazentation im ersten Trimenon, charakterisiert durch eine unzureichende Trophoblastinvasion und einen in der Folge unvollständigen Umbau der Spiralarterien (Stern, Pertl, S. 1) 

Angesichts dieser Relevanz wurde die S2k-Leitlinie zu hypertensiven Erkrankungen in der Schwangerschaft, zu deren Anwendungszielgruppe auch Hebammen gehören, im Juli 2024 umfassend überarbeitet und veröffentlicht, um Diagnostik, Therapie und Nachsorge zu verbessern (Groten, Kraus). 

Ein wesentlicher Fortschritt der neuen Leitlinie liegt in der frühen Identifizierung von Risikopatientinnen im ersten Trimester der Schwangerschaft. Dies ermöglicht es, die Schwangere individuell und präventiv zu betreuen und Komplikationen frühzeitig zu begegnen. Eine zentrale Änderung betrifft die gesenkten Blutdruckrichtwerte, die nun für die Praxis bei 140 mmHg systolisch und 90 mmHg diastolisch sowie für die Heimblutdruckmessung bei 135 mmHg systolisch und 85 mmHg diastolisch festgelegt sind. Anlass zur Einleitung einer medikamentösen Therapie besteht ab Blutdruckwerten von 160 mmHg systolisch und/oder 110 mmHg diastolisch. 

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Leitlinienaktualisierung betrifft die Indikationsstellung zur Geburt. Während frühere Empfehlungen häufig eine Geburtseinleitung um die 37. Schwangerschaftswoche vorsahen, erlaubt die neue Leitlinie bei gut eingestellter Hypertonie eine Verlängerung der Schwangerschaft über diesen Zeitpunkt hinaus. Diese Relativierung der Geburtseinleitung unterstreicht den differenzierten Ansatz der Leitlinie, wobei die sofortige Beendigung der Schwangerschaft bei schwerwiegenden Komplikationen wie der Präeklampsie weiterhin indiziert bleibt (Groten, Kraus, S. 4). 

Die Leitlinie fordert auch eine spezifische Nachsorge für Frauen mit hypertensiven Störungen, um das langfristige Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu verringern. Nicht zuletzt adressiert sie die langfristige gesundheitliche Perspektive der betroffenen Frauen. Es wird betont, dass Frauen mit Hypertonie in der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Langzeitfolgen aufweisen. Daher wird eine lebenslange kardiovaskuläre Nachsorge empfohlen, die eine interdisziplinäre Zusammenarbeit erfordert, idealerweise unterstützt durch einen Nachsorgepass (Reifferscheid, S. 4)

Fazit 
Die aktualisierte S2k-Leitlinie zielt somit umfassend darauf ab, die Versorgung von Schwangeren mit hypertensiven Erkrankungen zu optimieren und die gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind nachhaltig zu minimieren (Groten, Kraus, S. 1).

Referenzen

Eggersmann, T. K., Zechmann, S., Zimmerli, L. (2015). CME. Hypertonie in der Schwangerschaft. Praxis, 104(12), 605-614. DOI: 10.1024/1661-8157/a002035 Zuletzt aufgerufen am 22.04.2025

Groten, T., Kraus, D. (2025). Leitlinie im Fokus. S2k Leitlinie „Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES)“. gynäkologie + geburtshilfe. Zuletzt aufgerufen am 22.04.2025

Reifferscheid, E. (2024). Neufassung der S2k-Leitlinie Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen. Gelbe Liste

Stern, C., & Pertl, B. (2022). Sinn und Nutzen des Präeklampsiescreenings im 1. Trimenon. Journal für Gynäkologische Endokrinologie/Österreich, 1-7, DOI: 10.1007/s41974-022-00214-1 Zuletzt aufgerufen am 22.04.2025