Bioverfügbarkeit und Aufnahme von Folsäure bei Säuglingen sind vom Folsäurespiegel abhängig

09.2025
Autor Dr. Martin Claßen, Bremen

Folsäure gehört zu den essenziellen Nährstoffen, weil davon Methylierungsprozesse und Nukleotidbiosynthese abhängig sind und der Aminosäurestoffwechsel beeinflusst wird. Nicht bei allen Menschen reicht die Folatversorgung durch die Nahrung aus, weswegen eine Supplementierung sowohl in Nahrungsmitteln erfolgt als auch Nahrungsergänzungsmittel mit Folsäure vermarktet werden. Auch Formulanahrungen für Säuglinge werden mit Folsäure oder dem Calciumsalz des (6S)-5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF-Ca) angereichert. Unklar ist, welche der beiden Formen der Supplemente besser bioverfügbar ist und ob die Resorption von Folsäure oder 5-MTHF-Ca vom Folsäurespiegel abhängig ist.
In einer prospektiven Studie an 240 gesunden serbischen Neugeborenen wurden zwei Formulanahrungen gegeneinander getestet: Die eine enthielt 78 μg/100 g Milchpulver oder 15,2 μg/100 kcal oder eine äquimolare Menge von 5-MTHF-Ca (81 μg/100 g Milchpulver oder 15,8 μg/100 kcal). Die jeweilige Nahrung wurde ab einem Alter von 20,5 (SD 3,6) Tagen bis zum Alter von 16 Wochen gefüttert. Analysiert werden konnte eine Subgruppe von 167 Kindern, bei denen Folsäurespiegel zu Beginn und am Ende der Beobachtungsphase gemessen worden waren. Bei der Analyse wurde mithilfe eines statistischen Modells untersucht, inwiefern die erzielten Folsäurespiegel von der Art des Supplements, der Länge der Substitution und von der basalen Folsäurekonzentration in den Erythrozyten abhängt.
Die Daten zeigen, dass der Anstieg der Folsäurespiegel ausgeprägter war, wenn die Kinder mit niedrigen Spiegeln in die Studie gestartet waren. Dieser Effekt war auch von der Art des verwendeten Folsäuresupplements abhängig. 5-MTHF-Ca führte zu einem deutlicheren Anstieg der Erythrozytenspiegel und der Rückgang der Bioverfügbarkeit bei höheren Blutspiegeln war geringer ausgeprägt. Dies hängt wahrscheinlich mit der Bindung des Supplements an den spezifischen Transporter PCFT ab.

Kommentar: Nicht erst seit der Erkenntnis, dass Folsäuresupplemente für Schwangere dabei helfen, die Rate an Neuralrohrdefekten zu senken, ist uns bewusst, dass Folsäure für den wachsenden Organismus essenziell ist und dass Mangelzustände auch in unserer Überflussgesellschaft vorkommen können. Die referierte Studie vergrößert das Wissen um die Physiologie der Folsäureaufnahme bei Säuglingen und kann helfen, zukünftige Supplementierungsstrategien zu optimieren. 5-MTHF-Ca könnte wegen der höheren Bioverfügbarkeit dabei Vorteile haben, wobei klinische Endpunkte in der Studie nicht erfasst wurden. Dazu wären separate Studien erforderlich, auch bezüglich der Generalisierbarkeit der Ergebnisse für ältere Kinder und Erwachsene.

Referenzen:
Obeid, R et al. Dependence of bioavailability of folic acid and (6S)-5-methyltetrahydrofolate on baseline red blood cell folate concentrations in infants. Human Nutrition & Metabolism, Vol. 42, 2025, 200335. DOI: 10.1016/j.hnm.2025.200335