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Epigenetische Auswirkungen des familiären Rauchverhaltens auf die kindliche Gesundheit

12.2025
Autorin Lara Mönter, B.Sc. Hebammenwissenschaften, Hebamme aus Fiersbach

Der negative Einfluss von Zigarettenkonsum von Schwangeren auf die Gesundheit des Kindes ist sowohl Fachpersonen als auch den meisten medizinischen Laien bekannt. Ein Review aus Griechenland kommt nun zu der Erkenntnis, dass nicht nur das Rauchverhalten der Mutter einen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes hat, sondern auch das des Vaters und sogar das der Großeltern. Der Einfluss lässt sich durch Veränderungen auf epigenetischer Ebene nachweisen (Vlachou et al., 2025).

Auswirkungen in der Schwangerschaft

Rauchen in der Schwangerschaft birgt ein großes Gesundheitsrisiko für das Ungeborene. Die Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr werden durch Nikotin und Kohlenmonoxid herabgesetzt. Das Risiko für ein niedriges Geburtsgewicht, Früh- und Fehlgeburten und Erkrankungen wie Asthma und Krebs steigt (Andres, Day, 2000). Da diese Auswirkungen allgemein bekannt sind, wird den Schwangeren von dem sie betreuenden Fachpersonal zu einer zügigen Beendigung des schädigenden Verhaltens oder, wenn nicht möglich, zumindest zu einer deutlichen Einschränkung geraten.

Veränderungen des Erbguts von Kindern auf epigenetischer Ebene

Der Review von Vlachou et al. fasst nun Erkenntnisse zu Veränderungen des Erbguts von Kindern auf epigenetischer Ebene durch das Rauchverhalten der Familie zusammen. Epigenetische Einflüsse sind Umweltfaktoren, die das Erbgut verändern, ohne dabei die DNA zu beeinflussen. Die Umweltfaktoren setzen Enzyme frei, welche Methylierungsprozesse an der Erbsubstanz verändern. So werden die Marker an einem Genom beeinflusst und es kommt zu einer Herauf- oder Herunterregulierung der Aktivität des Gens. Der Einfluss dieser Veränderungen unterscheidet sich, je nachdem welches Gen wie verändert wird. Rauchen verändert die Methylierung der fetalen DNA und erhöht so das Risiko für Herz-, Stoffwechsel und Atemwegserkrankungen sowie Lernschwächen und Krebserkrankungen.

Die Bedeutung des Rauchverhalten über Generationen

Der Fokus in der Schwangerschaftsvorsorge liegt beim Thema Rauchen meist auf dem Verhalten der Schwangeren. Doch auch ein Blick auf die Familienanamnese ist hier sinnvoll. Der Review kommt zu dem Ergebnis, dass das Rauchverhalten von anderen Familienmitgliedern einen Einfluss auf die Gesundheit des Kindes hat. Besonders das Rauchverhalten des Vaters spiegelt sich im Epigenom der Spermien wider. Wenn ein Mann früh in der Jugend geraucht hat, ist der Einfluss besonders groß. Völlig unabhängig vom Verhalten der Mutter steigt so das kindliche Risiko für Erkrankungen wie ADHS, Asthma, Autismus und Übergewicht.
Darüber hinaus ist auch das Rauchverhalten der Großelterngeneration relevant. So zeigen sich bestimmte Methylierungsmuster in der DNA des Kindes auch, wenn die Großmutter in der Schwangerschaft geraucht hat – und dies unabhängig davon, wie sich die Mutter in der Schwangerschaft verhält. Diese Veränderungen steigern das Risiko für eine Asthmaerkrankung.

Einflussnahme auf Epigenetik möglich

Diese Erkenntnisse bieten jedoch auch Raum für präventive Gesundheitsmaßnahmen mit positiven Auswirkungen. Epigenetische Veränderungen sind grundsätzlich veränderbar und umkehrbar. So wird zum Beispiel bereits seit 2009 das erste epigenetische Medikament in der Bekämpfung von Leukämie eingesetzt (Zylka-Menhorn, 2012). Eine Einflussnahme ist auch möglich auf epigenetische Veränderungen, die durch das Rauchen verursacht wurden. Hört eine Schwangere zum Beispiel vor Vollendigung des ersten Trimesters auf zu rauchen, zeigt das Nabelschnurblut nach Geburt andere Methylierungsmuster als bei dem Kind einer Schwangeren, die die gesamte Schwangerschaft über raucht. Auch die Einnahme von bestimmten Nährstoffen wie Vitamin C, Folsäure, Antioxidantien kann durch das Rauchen verursachten Veränderungen der Methylierung entgegenwirken.

Fazit

In der Beratung von jungen Familien in der Schwangerschaft und nach der Geburt ist eine ausführliche Anamneseerhebung essenziell, um adäquat über die Gesundheitsrisiken durch das Rauchverhalten der Familienmitglieder aufklären zu können. Im besten Fall, wenn auch in der Praxis häufig nicht realistisch, sollte eine Beratung bereits vor der Familienplanung ansetzen und auf Gesundheitsprävention setzen. Nicht nur die Schwangere, sondern das gesamte familiäre Umfeld, mindestens aber der Vater des Kindes, sollten über die Risiken des Rauchens aufgeklärt werden.

Das Rauchverhalten beispielsweise der Großmutter in der damaligen Schwangerschaft oder das des Vaters, als er jung war, lässt sich zum Zeitpunkt der aktuellen Schwangerschaft nicht mehr beeinflussen, aber man kann über mögliche Folgeerkrankungen und über gesundheitsförderliches Verhalten aufklären. Fingerspitzengefühl ist dabei erforderlich, denn angesichts nicht mehr veränderbaren Verhaltens ist sicherlich der Schwerpunkt der Beratung auf das aktuell Machbare zu legen und eine Verunsicherung der werdenden Eltern zu vermeiden. Früheres Rauchen sollte nur im Falle konkreter Anhaltspunkte für bestimmte Erkrankungen angesprochen werden. Zu beachten ist auch, dass Suchtverhalten keine bewusste Wahl ist, sondern durch eine Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird (Epidemiologiebericht Sucht, 2024), daher sollten Schuldzuweisungen vermieden werden.

Wichtig: Das Wissen über epigenetische Veränderungen durch Rauchen kann in der Zukunft einen Baustein von umfassender Gesundheitsprävention darstellen.

Literatur:
Andres, R. L., Day, M.-C. (2000). Perinatal complications associated with maternal tobacco use, in: Seminars in Fetal & Neonatal Medicine, 5(3), S.231-241. DOI: 10.1053/siny.2000.0025

Epidemiologiebericht Sucht 2024 – illegale Drogen, Alkohol und Tabak. Zuletzt aufgerufen am 08.12.2025 unter https://www.sozialministerium.gv.at/Themen/Gesundheit/Drogen-und-Sucht/Suchtmittel-NPS-Drogenausgangsstoffe/Berichte-und-Statistiken/Epidemiologieberichte-Sucht-%E2%80%93-illegale-Drogen,-Alkohol-und-Tabak.html

Vlachou, M., Kyrkou, G., Georgakopoulou, V. E., Kapetanaki, A., Vivilaki, V., Spandidos, D. A., Diamanti, A. (2025). Smoke signals in the genome: Epigenetic consequences of parental tobacco exposure (Review), in: Biomedical reports, 23(3). DOI: 10.3892/br.2025.2024

Zylka-Menhorn, V. (2012). Das Epigenom: Der Dompteur der Gene, in: Deutsches Ärzteblatt, 20.

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