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Eisen in der Schwangerschaft - Gezielte Supplementation als individuelle Chance?

12.2025
Autorin Alexandra Lesmann, Hebamme und Ökotrophologin

In meiner täglichen Begleitung von Schwangeren ist das Thema Eisenmangel Gegenstand vieler Gespräche. Frauen berichten von Müdigkeit, Kurzatmigkeit oder einem schwächeren Kreislauf. Gleichzeitig fällt es insbesondere im ersten und zweiten Trimester schwer, Eisenpräparate regelmäßig einzunehmen, denn Übelkeit oder Verdauungsbeschwerden werden schnell zur Belastung und führen teilweise zu unregelmäßiger Eiseneinnahme, gelegentlich sogar zum vollständigen Abbruch der Supplementation.

Einnahme alle zwei Tage

In den letzten Jahren rückte der Ansatz einer Eiseneinnahme alle zwei Tage stärker in den Fokus. Dieser ergibt sich aus der Beobachtung, dass der Körper Eisen nicht an jedem Tag gleich gut verarbeitet. Besonders interessant ist dabei ein Konzept aus der aktuellen Forschung, das die Regulation des Hormons Hepcidin berücksichtigt. Hepcidin beeinflusst maßgeblich die Effektivität der Eisenaufnahme aus dem Darm. Vereinfacht dargestellt, steigt der Hepcidinspiegel innerhalb der ersten Stunden nach einer Eisengabe an. Gleichzeitig sinkt die Absorptionsrate, da Hepcidin die Ferroportin-Kanäle herunterreguliert, über die Eisen aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangt. Fällt der Spiegel wieder, verbessert sich die Aufnahme entsprechend. Da Hepcidin nach einer Eisendosis für ca. 24 Stunden erhöht bleibt, könnte eine Pause zwischen den Einnahmen die Aufnahme am nächsten Tag verbessern, so die Hypothese.

Eine Studie von Lam et al. (2025), durchgeführt an der renommierten Icahn School of Medicine at Mount Sinai, untersuchte diese Frage. Es zeigte sich, dass der Hämoglobinwert unter einer alle zwei Tage durchgeführten Supplementation ähnlich ansteigt wie unter der klassischen, als Standard empfohlenen täglichen Gabe. Weitere Studien kamen zu vergleichbaren Ergebnissen. Die bisherige Evidenz deutet daher vorsichtig darauf hin, dass sich die Wirksamkeit beider Strategien kaum unterscheidet. In mehreren Studien, darunter eine aktuelle Metaanalyse, werden unter intermittierender Supplementation weniger gastrointestinale Nebenwirkungen beschrieben. Hier könnte der größte praktische Vorteil liegen. 

Einordnung der Studie

Die Aussagekraft bisher verfügbarer Studien ist jedoch begrenzt. Die Studie von Lam et al. untersuchte lediglich eine relativ kleine Gruppe leicht anämischer, schwangerer Frauen (n=88; 98% mit Hb < 11,0 g/dL und Ferritin ≤ 25 µg/L) und lief dabei über einen Zeitraum, der für die Beurteilung der tatsächlichen Auffüllung der Eisenspeicher relativ kurz ist (ca. 6 Wochen). Andere Studien nutzten unterschiedliche Dosierungen und untersuchten sehr heterogene Populationen. Die Ergebnisse sind daher nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Häufig fehlten zudem klare Angaben zur Ausgangsernährung, zu Entzündungsparametern und zu Faktoren wie der tatsächlichen Einnahmetreue. Zudem wurden nur wenige Studien direkt an schwangeren Frauen durchgeführt. Diese Schwächen machen es notwendig, die gewonnenen Erkenntnisse mit Zurückhaltung zu interpretieren, auch wenn die bisherigen Resultate durchaus ermutigend wirken.

Fazit

Aus heutiger Sicht lässt sich festhalten, dass die zweitägige Einnahme für viele Frauen eine gut verträgliche Möglichkeit darstellen könnte. Sie kommt vor allem dann infrage, wenn Nebenwirkungen den Therapieerfolg gefährden und die regelmäßige Einnahme im Alltag schwerfällt. Gleichzeitig ist die Studienlage noch nicht robust genug, um eine generelle Empfehlung zu formulieren. Für eine klare Anpassung der Standards sind weitere Untersuchungen erforderlich, insbesondere solche, die direkt an schwangeren Frauen durchgeführt werden. Bis dahin kann die Einnahme alle zwei Tage eine sinnvolle Alternative sein, wenn sie gemeinsam mit der betreuenden Gynäkologin oder dem Gynäkologen geplant und durch regelmäßige Kontrollen von Hämoglobin und Ferritin begleitet wird. Sollte sich diese Hypothese wissenschaftlich fundiert bestätigen, wäre dies sicherlich eine sehr gute Nachricht für viele schwangere Frauen.

Quellen:
Banerjee, A., Athalye, S. et al. (2024): Efficacy of daily versus intermittent oral iron supplementation for prevention of anaemia among pregnant women: a systematic review and meta-analysis. EClinicalMedicine. 2024 Jul 17;74:102742. DOI: 10.1016/j.eclinm.2024.102742

Lam, M. C., Khandakar, B. et al. (2025): Daily versus Alternate-Day Iron Supplementation for Pregnant Women with Iron Deficiency Anemia: A Randomized Controlled Trial. Am J Perinatol. 2025 Apr;42(6):699-707. DOI: 10.1055/a-2405-1381

Moretti, D., Goede, J. S. et al. (2015): Oral iron supplements increase hepcidin and decrease iron absorption from daily or twice-daily doses in iron-depleted young women. Blood. 2015 Oct 22;126(17):1981-9. DOI: 10.1182/blood-2015-05-642223

Stoffel N. U., Zeder, C. et al. (2020): Iron absorption from supplements is greater with alternate day than with consecutive day dosing in iron-deficient anemic women. Haematologica. 2020 May;105(5):1232-1239. DOI: 10.3324/haematol.2019.220830

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